DNA-Genealogie

DNA Genealogie

Ethische Fragen

Die DNA-Genealogie hat in Deutschland - ganz im Gegensatz zu den USA - noch einen mehr oder weniger negativen Beiklang und kaum Verbreitung. Die Möglichkeiten der DNA-Genealogie hatten und haben verständlicherweise eine kontroverse Diskussion zur Folge. Aufgrund der möglichen Aussagen wurde sie deswegen sogar als neuer "Judenstern" bezeichnet. So nachvollziehbar die Bedenken aufgrund der verbrecherischen Rassenpolitik des Nationalsozialismus sind, ist es praktisch unmöglich, die DNA-Genealogie als Grundlage kruder Rassentheorien zu nehmen. Das Gegenteil ist nämlich der Fall: wer tatsächlich versucht, Menschen biologisch zu bewerten, wird dank der DNA-Genealogie sofort eines Besseren belehrt. Die Menschheit ist ein bunter Regenbogen von Haplotypen, die unabhängig von Hautfarbe, Kultur und Nation nirgends auf der Welt auch nur annähernd einheitlich ist. Jeder Mensch trägt viele verschiedene Stücke dieses Regenbogens in sich. Und das ist gut so!

Neben den konkreten Aussagen für jeden Einzelnen, wie z. B. Verwandtschaft oder möglicherweise die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie, hat die DNA-Genealogie und insbesondere das Genographic Project einen eindrucksvollen Beitrag zur Anthropologie geleistet. Dank der neuen Methoden wurden die Wanderbewegungen der Menschheit und damit auch die Out-of-Africa-Theorie der Menschwerdung zumindest für den modernen Menschen nochmal eindrucksvoll untermauert. Sie lieferte einen weiteren Beweis, dass wir letztendlich alle Afrikaner sind.

Legalität eines DNA-Tests

In Deutschland werden menschliche DNA-Tests durch das Gendiagnostikgesetz geregelt. Damit ist eine DNA-genealogische Untersuchung ohne vorherige Beratung durch zugelassene Ärzte - wie sie z. B. in den USA mittlerweile die Regel ist - in Deutschland wohl nicht möglich.

Die Intention des Gesetzes ist verständlich: Mit dem Gesetz sollen Menschen vor möglichen sozialen oder psychischen Folgen eines negativen genetischen Ergebnisses beschützt werden. Darüber hinaus soll auch verhindert werden, dass jemand ohne Zustimmung der betroffenen Person Gen-Informationen (wie z. B. eine Aussage über die Verwandtschaft) erlangen kann.

So nachvollziehbar diese Bedenken auch sind, einen Nachteil hat diese Sichtweise aber schon jetzt. Deutschland dürfte meines Erachtens den Anschluss bei der DNA-Genealogie bereits verloren haben.

Wie dem auch sei, offensichtlich macht man sich aber nicht strafbar, wenn man den Test für die eigene DNA-Probe im Ausland durchführen lässt.

Achtung: Bitte nehmen Sie meine persönliche Sichtweise nicht als Grundlage für Ihre eigene Entscheidung zur Durchführung eines DNA-Tests. Lassen Sie sich in jedem Falle vorher von einem zugelassen Arzt beraten.

Haplogruppen und Haplotypen

Bei der DNA-Genealogie geht es vor allem um Haplogruppen und Haplotypen.

Als Haplotyp wird eine Variante einer Nukleotidsequenz auf ein und demselben Chromosom im Genom eines Lebewesens bezeichnet. Verwandtschaftlich zusammengehörige Haplotypen bilden eine Haplo-Untergruppe (Subclade), die einer gemeinsamen Haplogruppe entstammen.

Bildlich gesprochen bilden Haplogruppen die Hauptäste des menschlichen Stammbaums, die Subclades die Zweige eines Astes und Haplotypen entsprechen zusammen gehörigen Blattgruppen an einem bestimmten Zweig.

Man unterscheidet zwischen männlichen (Y-DNA des Zellkerns) und weiblichen (Mitochondrial-DNA) Haplogruppen.

Phylogenetischer Abstammungsbaum der Y-DNA-Haplogruppe E1b1b
Phylogenetischer Abstammungsbaum der Y-DNA-Haplogruppe E1b1b mit Untergruppen (Subclades)

Haplogruppen entsprechen keineswegs Völkern oder gar Nationen. Das können Sie auch gar nicht, da sich die Haplogruppen zum Teil schon vor mehreren zehntausend Jahren herausgebildet haben. Heutzutage gibt es kein Volk auf der Welt, das aus nur einer Haplogruppe oder einer Untergruppe besteht. Daher ist es nicht möglich, allein von einer Haplogruppe auf ein bestimmtes Urvolk zu schließen. Mit der Haplogruppe ist es aber möglich, die Zugehörigkeit zu einem Urvolk ziemlich sicher auszuschließen.

Anders sieht es bei den Haplotypen aus, soweit man eine ausreichend große Anzahl von vor- und frühgeschichtlichen Haplotypen hat, bei denen die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Urvolk bekannt ist. In dem Fall kann man den Haplotyp mit der Datenbasis vergleichen und dann Rückschlüsse zur Zugehörigkeit zu einem bestimmten Urvolk ziehen. In der Regel erhält man aber mehrere Urvölker zur Auswahl, in einzelnen Fällen jedoch - wie im Fall unseres Y-DNA-Haplotyps - kann aufgrund der Datenbasis und bereits durchgeführter DNA-Projekte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein konkretes Urvolk bestimmt werden.

Arten genealogischer DNA-Tests

Der DNA-Test wird durch einen harmlosen Abstrich der Mundschleimhaut mit einem Wattestäbchen durchgeführt. Derzeit sind 3 verschiedene Test-Arten in der DNA-Genealogie möglich:

  1. DNA des Y-Chromosoms des Zellkerns (Y-DNA)

    Das Y-Chromosom wird, im Gegensatz zu den X-Chromosomen, bei der Befruchtung der menschlichen Eizelle auf 95 % seiner Länge nicht rekombiniert, sondern immer in ihrem fast ursprünglichen Zustand weitergegeben. Die persönliche Kopie des Y-Chromosoms ist damit in ihrer Gestalt theoretisch zehntausende von Jahren alt, wenn nicht ab und zu im nicht rekombinierenden Bereich einzelne spontane punktuelle Mutationen auftreten würden. Diese Mutationen in Verbindung mit der nicht rekombinierenden Y-DNA bieten einzigartige Möglichkeiten zur Verwandtschaftsaussage. Beim so genannten STR-Test (STR - Short Tandem Repeats) werden die Wiederholungen von Allelen an bestimmten Stellen in dem nicht codierenden Bereich der Y-DNA ausgezählt. Daraus entsteht dann eine charakteristische Zahlengruppe (meist werden 12, 25, 37 oder 67 Zahlengruppen ermittelt), die einem Fingerabdruck gleichen und nur bei verwandten Personen exakt oder annähernd gleich sind. Die Anzahl der Abweichungen zwischen zwei Marker-Gruppen wird als genetische Distanz bezeichnet. Mit diesem Wert ist es auch möglich, eine Aussage über die Entfernung der Verwandtschaft zu machen, auch über viele hundert Generationen hinweg. Mit den STR-Markern lässt sich weiterhin - abhängig von der Anzahl der ausgezählten Marker - mit mehr oder weniger großer Sicherheit die Haplogruppe und meist auch die Untergruppe (Subclade oder Deep Clade) vorher sagen. Alle diese Möglichkeiten können aber nur eine Aussage innerhalb der rein männliche Erblinie machen. Neben dem STR-Test gibt es noch den so genannten SNP- oder Deep-Clade-Test (SNP - Single Nucleotide Polymorphism), bei dem die Mutationen direkt ermittelt werden. Damit ist ein zuverlässiger Nachweis der Haplogruppe und der Untergruppe (Subclade) möglich.

  2. DNA der Mitochondrien (mtDNA)

    Mitochondrien sind die Kraftwerke einer Zelle und liefern die Energie, damit die Zelle ihre Aufgaben erfüllen kann. Das Mitochondrium selbst hat auch eine DNA, die unabhängig von der DNA des Zellkerns existiert (mtDNA). Die mtDNA wird immer von der Mutter zur Tochter oder zum Sohn weiter vererbt. Das heißt, dass damit nur die rein weibliche Erblinie nachweisbar ist, da ein Sohn seine mtDNA nicht weiter vererben kann. Als Ergebnis der Untersuchung erhält man die konkreten Stellen in der mtDNA, die von der Revised Cambridge Reference Sequence (rCRS) der mtDNA-Haplogruppe H, der häufigsten mütterlichen Haplogruppe in Europa, abweichen. Auch damit ist eine Aussage zur Verwandtschaft zwischen verschiedenen Personen, auch über viele Generationen hinweg, möglich. Ebenso eine ungefähre Aussage über die Entfernung der Verwandtschaft. In der Regel werden nur die nicht codierenden hypervariablen Bereiche (HVR1 und HVR2 - hypervariable regions) der mtDNA untersucht. Eine vollständige Ermittlung der gesamten mtDNA ist jedoch auch möglich (FGS - full genomic sequence). Im Gegensatz zum Y-DNA-Test ist der FGS-Test der mtDNA nicht unbedenklich, da ein Restrisiko besteht, im codierenden Bereich der mtDNA Gen-Mutationen festzustellen, die pathologisch relevant sind. Die Chance, dass jemand, der gesund ist, eine mtDNA-bedingte Erbkrankheit in sich trägt, ist ausgesprochen gering.

    Dennoch: wenn Sie Bedenken haben, machen Sie keinen FGS-Test oder lassen Sie sich vorher von einem zugelassenen Arzt beraten!


  3. Autosomale Zellkern-DNA

    Mit einem Test der autosomalen Zellkern-DNA können zwar nur 4 bis 5 Generationen zurückverfolgt werden, allerdings ist man dabei im Gegensatz zu den anderen Testarten völlig unabhängig von der männlichen oder weiblichen Erblinie. Auch hier wird wie beim FGS-Test ein codierender Bereich der DNA untersucht und sollte deshalb genau bedacht werden.